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Ihr Prof. Dr. Martinek
Bei der Arthroskopie, der Gelenkspiegelung, werden über einen „lichtleitenden Schlauch“ Bilder vom einen Ende im Gelenk zum anderen Ende des Gerätes Auge des Untersuchers über eine Kamera gespiegelt. Durch geschicktes Drehen der Kamera und Bewegung des Gelenkes kann sich der Untersucher nahezu alle Gelenkbereiche anschauen.
Der Wunsch nach Hineinsehen in den menschlichen Körper ist sehr alt – wie aus antiker hebräischer Literatur oder aus Ausgrabungen in Pompeji bekannt wurde. In Erfüllung ging dieser Wunsch im Jahre 1806, als der italienische Arzt Botzini mit einem aus Lichtkerze und 2 Röhrchen konstruiertem Lichtleiter die Harnblase eines Patienten inspizierte. Verlässlich anwendbar, in erster Linie zuerst im urologischen Bereich und in der Bauchhöhle, wurde die Technik dennoch erst mit Entdeckung der Glühbirne durch Thomas Edison nach 1880.
Weltweit erste Gelenkspiegelung wurde am Kniegelenk durch den Dänen Severin Nordentoft im Jahre 1912 beim 41. Chirurgenkongress in Berlin vorgestellt. Es dauerte weitere 40 Jahre bis Masaki Watanabe aus Tokio, der als Pioneer der Arthroskopie gilt, diese Methode durch den Einsatz von Glasfaser-Lichtleiter salonfähig machte. Aus der ursprünglichen Operation, bei welcher der Arzt direkt durch das Arthroskop schaute (Abb.1), ist dank der technischen Weiterentwicklung und Einsatz von digitalen Kameras und Bildschirmen eine digitale High-Tech-Prozedur geworden (Abb. 2). Der Operateur orientiert sich während der gesamten Operation am Bildschirm, arbeitet mit speziellen Instrumenten im Gelenk und speichert die Prozedur in Form von Bildern und Videos (Abb. 3). Während sich anfangs die Arthroskopie auf das relativ große Kniegelenk beschränkte, sind durch Entwicklung der Technik heute alle größeren Gelenke für Arthroskopie zugänglich.
Die ursprüngliche Anwendung der Arthroskopie hat sich auf die Inspektion des Gelenkes, Entnahme von Biopsien oder Entfernung von freien Gelenkkörpern beschränkt. Die Hauptindikation der Arthroskopie am Kniegelenk ist heute die Entfernung bzw. Teilentfernung eines gerissenen oder verschlissenen Meniskus. Die Bedeutung dieses aus Faserknorpel bestehenden Pufferorgans wurde viele Jahre verkannt. Nach kompletter Entfernung des Meniskus kommt es innerhalb von 20 bis 30 Jahren zur Ausbildung einer Knie-Arthrose. Deshalb wird heute arthroskopisch lediglich der gerissene Teil entfernt und möglichst viel Meniskusgewebe erhalten. Eine weitere Domäne der Arthroskopie am Kniegelenk ist die Rekonstruktion eines gerissenen vorderen oder hinteren Kreuzbandes. Diese häufig beim Skifahren oder beim Fußball auftretende Verletzung führt zu einer unangenehmen Instabilität des Kniegelenks und bei sportlich aktiven Personen unbehandelt frühzeitig zu einer Arthrose. Das gerissene Kreuzband wird arthroskopisch mit einer eigenen Sehne ersetzt und mit bioresorbierbaren Schrauben und Dübeln im Knochen fixiert (Abb. 4). Knorpelschäden treten nach einer akuten Verletzung – z.B. Verdrehen des Kniegelenks – oder entwickeln sich allmählich durch einen langjährigen Verschleiß. Auch hier kann die Arthroskopie, auch wenn nur in einem begrenzten Maß durch Knorpelglättung oder durch Anfrischung des Knochens zur Regeneratbildung helfen. Bei begrenzten Schäden und bei jungen und aktiven Personen wird eine Knorpel-Transplantation durchgeführt. Neuerdings ist eine solche Transplantation arthroskopisch durchführbar- eine aus eigenen gezüchteten Knorpelzellen gebildete Suspension wird im Bereich des Knorpeldefekts aufgetragen, eine Eröffnung des Gelenks ist nicht mehr notwendig.
Der Aufbau des Schultergelenks ist im Vergleich mit dem Kniegelenk komplexer und demzufolge ist auch die Behandlung von Schulterbeschwerden vielschichtiger. Durch die Etablierung der Arthroskopie zur Behandlung von Schulterproblemen wurde die Erfolgsrate der operativen Behandlung deutlich gebessert. Durch die über zwei bis drei 1cm lange Schnitte erfolgte Operation werden die anatomischen Strukturen des Schultergelenks geschont, die postoperativen Schmerzen reduziert, die Rehabilitation beschleunigt und die postoperative Funktion im Vergleich zu den offenen Operationen gebessert. Ein relativ häufiges Problem ist das so genannte Impingement – Einklemmungsphänomen, begleitet von chronischen Schleimbeutel-Entzündungen, Sehnenveränderungen und Enge des Raums zwischen dem Schulterkopf und der Schulterhöhe, welches zu Schmerzen bei Heben des Armes und zuweilen auch starken nächtlichen Beschwerden führt. Nach fehlgeschlagener konservativer Behandlung kann bei einer meist ambulant durchgeführten arthroskopischen Operation der eingeengte Raum durch Abtragung von knöchernen Anbauten an der Schulterdach-Unterseite mit einer Präzisionsfräse erweitert werden. Jenseits des 50-ten Lebensjahres kommt es meist aufgrund dauernder mechanischer Beanspruchung zum Reißen einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette. Die Rotatorenmanschette wird von Muskeln gebildet, die vom Schulterblatt zum Oberarmkopf ziehen und die drehende Beweglichkeit des Armes gewährleisten. Durch einen Unfall oder durch einfache Verschleißerscheinungen kommen, was sich in einer eingeschränkten Beweglichkeit, Kraftverlust und Schmerzen äußert. Während die offenen Operationen früher sehr invasiv und mit weniger Erfolg verbunden waren, bietet die arthroskopische Technik eine sehr elegante Methode, mit welcher die abgerissene Sehne an Ankern im Oberarmknochen refixiert wird (Abb. 5). Auch das Problem der instabilen Schulter kann heute arthroskopisch behandelt werden. Nach dem Auskugeln des Schultergelenkes kommt es, insbesondere bei jüngeren Personen zu sehr unangenehmen Wiederholungen oder zu Dauerschmerzen bei Überkopfbewegungen. Ursache hierfür ist meistens die Tatsache, dass es bei einer Luxation zum Abriss der Gelenklippe kommt und damit die Führung des großen Oberarmkopfes in der relativ kleinen Pfanne nicht mehr gewährleistet wird. Bei der offenen Technik, die heute kaum noch angewandt wird, muss der gesamte vordere Muskel abgelöst werden, damit der Operateur an das verletzte Gelenk herankommt. Hier liegt der entscheidende Vorteil der Arthroskopie – unter Verwendung von kleinen Schnitten werden 2,8 – 3,5 mm große Anker (Titan oder resorbierbar) in die Pfannenkante gesetzt und die gerissene Gelenklippe mit der Kapsel angeheftet.
Die Beschwerden wie Belastungsschmerzen, Instabilität oder Blockaden durch freie Gelenkkörper sind am Sprunggelenk häufig Folgeschäden nach Verrenkungen. Ein Großteil dieser Symptome ist mit Entzündungen der Gelenkschleimhaut (Synovitis), Verwachsungen und Vernarbungen mit Bewegungseinschränkung als Folge von sich einklemmendem Weichteilgewebe („soft tissue impingement“) verbunden und lässt sich arthroskopisch durch Abtragung gut behandeln. Überstehende Knochenkanten (Osteophyten) an der Vorderseite des Unterschenkel-Knochens und des Sprungbeins sind insbesondere bei Fußballspielern häufige Ursache von Schmerzen, Schwellung und Bewegungseinschränkung. Die arthroskopische Abtragung der Osteophyten ist in diesen Fällen eine Erfolg versprechende und bewährte Behandlung.
Bei Schädigung des Gelenkknorpels kann, ähnlich wie am Kniegelenk, eine arthroskopische Knorpelbehandlung durchgeführt werden. Bei einer knochenmark-stimulierenden Therapie wird der im Defekt liegender Knochen gelöchert, damit Wachstumszellen aus dem Knochenmark herausströmen und ein neues – knorpelähnliches – Gewebe bilden können.
Die operativen Eingriffe am Ellbogen haben durch die Entwicklung der Ellenbogenarthroskopie besonders profitiert. Was vor Jahren nur mit vielen größeren Hautschnitten möglich war – nämlich die Darstellung sämtlicher Gelenkabschnitte- ist durch die Ellenbogen-Arthroskopie mittels 2-3 kleinen Stichinzisionen möglich geworden.
Am Ellenbogen werden meist Einklemmungen durch freie Gelenkkörper und Belastungsschmerzen bei Arthrose einer arthroskopischen Behandlung zugeführt. Weitere Indikationen sind Knorpeldefekte, Beurteilung von Knochenbrüchen oder die Lösung von Verwachsungen bei starker Bewegungseinschränkung und die Entfernung einer entzündeten Gelenkschleimhaut, besonders bei einer rheumatischen Erkrankung.
Völlig neue Aspekte durch die Arthroskopie ergaben sich für die Behandlung von Hüfterkrankungen. Das Hüftgelenk ist von allen größeren Gelenken durch die große, den Hüftkopf umschließende Gelenkpfanne das am schwierigsten zugängliche Gelenk. Jahrelang konnte man sich nicht vorstellen, in diesem eng konfigurierten Gelenk arthroskopisch operieren zu können. Da die Alternativen offenen Operation verhältnismäßig invasiv waren, riet man den Patienten mit Beschwerden, meist bei degenerativen Erkrankungen, die endgültige Behandlung (künstliches Gelenk) abzuwarten.
In den letzten 5 Jahren kam es zu einem Durchbruch der Hüftgelenksarthroskopie. Durch spezielle (längere) Instrumente und verbesserte Lagerungstechniken (Distraktion des Gelenks) ist die Hüftarthroskopie heute erfolgreich möglich. Von dieser Methode profitieren zum einen Sportler mit Rissen der Gelenklippe (ähnlich wie Meniskusrisse am Kniegelenk), zu anderen Patienten mit beginnender Arthrose, bei welchen freie Gelenkkörper und entzündliche Schleimhaut entfernt und defekter Knorpel geglättet oder angefrischt werden kann. Außerdem können Fehlstellungen des Hüftgelenks, welche zu Einklemmungen (Impingement) und dadurch zu Fehlbelastungen des Hüftgelenk-Knorpels führen, arthroskopisch korrigiert werden.
Die Arthroskopie ist längst keine kleine Ersatzoperation, mit der man lediglich Fehler in den Gelenken beurteilt. Die arthroskopischen Techniken haben heute ein Niveau erreicht, mit welchem sich elegant und minimal-invasiv auch große Probleme an allen größeren Gelenken lösen können.
© Der Sportdoktor - Prof. Dr. med. Vladimir Martinek - 2024